Konfigurator Entwicklung: Plattform vs. Eigenbau
Autor: Klaus Pilsl
Was ist ein Konfigurator?
Ein Konfigurator stellt ein reales Produkt virtuell und interaktiv dar. Der Konfigurator bietet somit Veränderungsmöglichkeiten an (Lösungsraum), wendet die hinterlegte Produktintelligenz an (Regelwerk) und stellt das Produkt beispielsweise in 2D oder 3D dar (Visualisierung).
Allgemeines Konfigurator Entwicklung
Wenn Sie darüber nachdenken, Ihren Kund:innen die Möglichkeit zu geben, Ihre Produkte individuell anzupassen, indem Sie einen Konfigurator einführen, ist das eine großartige Idee. Doch bevor Sie damit beginnen, einen Konfigurator zu bauen, gibt es einiges zu bedenken.
Es ist verständlich, dass Sie zuerst nur an den Aufwand denken, der mit dem Bau eines Konfigurators verbunden ist. Vielleicht haben Sie sich eine kurze ToDo-Liste erstellt, die folgendermaßen aussieht: Auswahloptionen festlegen, Visualisierung erstellen, von einem Entwickler programmieren lassen,…. Dieser Schnellstart kann nicht nur zu erheblichen Verzögerungen und finanziellen Einbußen führen, sondern auch ein erhebliches Risiko für Ihr Unternehmen darstellen. Tatsächlich scheitern etwa 75 % aller Eigenbau-Konfiguratorprojekte.
In diesem Artikel möchten wir genauer untersuchen, warum sich die Verwendung einer Plattform für die Entwicklung eines Konfigurators lohnt. Eine Plattform bietet bereits eine Umgebung mit allen erforderlichen Funktionen für den Bau und den Betrieb von Online-Konfiguratoren an, sodass lediglich die Produktdaten des zu konfigurierenden Produkts hinterlegt werden müssen. Wir zeigen auf, welche Unterschiede beim Eigenbau im Vergleich zum Einsatz einer Plattform zum Tragen kommen.
Konfigurator Plattform vs. Eigenbau: Welche Faktoren sind entscheidend?
Aufbau eines Konfigurators
Jeder Konfigurator besteht grundsätzlich aus zwei Teilen: den Produktdaten und dem Konfiguratorsystem.
Produktdaten: Produktdaten sind essenziell für jeden Produktkonfigurator. Sie beschreiben das zu konfigurierende Produkt und enthalten alle notwendigen Regeln, Parameter und Darstellungen. Dazu gehören beispielsweise Produktregeln wie Abhängigkeiten, Ausschlüsse, Zielwertberechnungen, der Lösungsraum, die Produktdarstellung in Form von Text, 2D oder 3D-Modellen und die interaktive Bedienoberfläche. Im Gegensatz zum Konfiguratorsystem sind die Produktdaten für jeden Konfigurator individuell. Ohne die richtigen Produktdaten wird ein Konfigurator nicht korrekt funktionieren und die Benutzererfahrung wird darunter leiden. Deshalb ist es entscheidend, dass die Produktdaten sorgfältig erstellt und kontinuierlich aktualisiert werden, um ein reibungsloses Konfigurationserlebnis für Ihre Kund:innen zu gewährleisten.
Um die Produktdaten im Konfigurator zu hinterlegen, muss eine vorgegeben Form eingehalten werden. Diese muss bei Eigenentwicklungen erst vom Entwickler gefunden und festgelegt werden, was bei Plattformen bereits geschehen ist. So werden beispielsweise bei Eigenentwicklungen meist Code in Verbindung mit relationalen Datenbanken eingesetzt.
Konfiguratorsystem: Das Konfiguratorsystem ist verantwortlich für den reibungslosen Betrieb des Konfigurators. Es stellt sicher, dass die Produktdaten korrekt dargestellt werden und dass die Oberfläche und die Interaktion auf allen Endgeräten einwandfrei funktionieren.
Eine besonders praktische Form von Konfiguratorsystemen sind Plattformen, die nicht nur ein voll funktionsfähiges Konfiguratorsystem bereitstellen, sondern auch mächtige Tools zum Erstellen und Verwalten von Produktdaten anbieten. Beim Eigenbau muss dieses Konfiguratorsystem von Grund auf neu erstellt werden.
Faktoren: Zeit und Kosten
Es ist klar, dass die Erstellung eines Konfigurators mit Aufwand verbunden ist. Aber es wird oft vergessen, dass ein Konfigurator auch weiterentwickelt werden muss. Denn nicht nur das Unternehmen, das Produkt, die Zielgruppe und die Anforderungen an den Vertrieb, ändern sich laufend, sondern auch die digitalen Vertriebsmedien und die von Anwender:innen erwarteten Präsentationsmöglichkeiten unterliegen einem laufenden Wandel.
Die Aufwendungen:
- Konzepterstellung: Bei der Konzepterstellung werden sämtliche Bereiche der Produktdaten definiert - unabhängig davon, ob Sie den Konfigurator selbst entwickeln oder eine Plattform nutzen. Es ist jedoch ratsam hier sehr gründlich und mit professioneller Unterstützung vorzugehen, da konzeptionelle Fehler dieser Phase später oft nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll korrigiert werden können.
- Erstellung der Rohdaten: Um die Rohdaten für einen Konfigurator zu erstellen, ist die Form und Datenstruktur von entscheidender Bedeutung. Plattformen bieten bereits durchdachte Strukturen an, die sich in Bezug auf Performance und Wartbarkeit bewährt haben. Bei Eigenentwicklungen hängt der Aufwand stark von der Erfahrung und Expertise des Entwicklers ab. Sobald die Datenstrukturen festgelegt sind, müssen die Rohdaten vom Produktentwickler oder Produktmanager des Unternehmens für diese Datenstrukturbasis erstellt und aufbereitet werden. Plattformen bieten hier bereits Möglichkeiten an, über definierbare Workflows die Rohdaten automatisiert und periodisch von den Systemen des Unternehmens zu sammeln und dem Konfigurator in passender Form zur Verfügung zu stellen.
- Grafikdaten: Bei den Rohdaten für einen Konfigurator müssen insbesondere die Visualisierungsdaten sorgfältig berücksichtigt werden. Diese erfordern spezielles Fachwissen, um sicherzustellen, dass die Visualisierungen später im Konfigurator gut funktionieren. Im Gegensatz zu Plattformen, die bereits fertigte Strukturen und Module bieten, muss ein Individualentwickler für seinen Konfigurator spezielle Visualisierungswerkzeuge und -datenstrukturen entwickeln.
- Entwicklung des Konfigurators: Die Umsetzung bzw. Entwicklung eines Konfigurators kann eine Herausforderung darstellen. Zwar gibt es eigenentwickelte Konfiguratoren, die ausgezeichnet funktionieren und Wow-Effekte bei den Kund:innen erzeugen. Leider ist das aber die Ausnahme. Häufiger kommt es vor, dass Projekte gerettet werden müssen, weil das Budget um ein Vielfaches überschritten wurde und der geplante Produktstart mehrfach verschoben werden musste. Nicht wenige Projekte werden daher abgebrochen. Die Erfahrung zeigt, dass die Entwickler:innen nicht an den Produktdaten, sondern an den von ihnen zu entwickelnden Konfiguratorsystemen scheitern. Dieser Entwicklungs- und spätere Weiterentwicklungsaufwand übersteigt die Kosten für den Einsatz einer Plattform teilweise sogar um ganze Größenordnungen. Beim Einsatz einer Konfiguratorplattform reduziert sich der Aufwand auf die Erstellung der Produktdaten. Das Konfiguratorsystem wird bereits von der Plattform gestellt, und diese bietet dazu auch noch Werkzeuge für die einfache Produktdatenentwicklung. Das reduziert den Entwicklungsaufwand enorm und stellt einen erfolgreichen Projektabschluss sicher.
- Weiterentwicklung des Konfigurators: Eine oft unterschätzte Komponente bei der Einführung eines Konfigurators ist dessen Weiterentwicklung. Ein Konfigurator wird selten so betrieben, wie er ursprünglich konzipiert wurde - er ist ein lebendiges Kommunikationswerkzeug. Darum ist es unerlässlich, dass der Konfigurator pflegbar bleibt und sich mit dem Produkt, dem Unternehmen und dem Stand der Technik weiterentwickelt. Hier kommen die Möglichkeiten einer Plattform ins Spiel: Sie ermöglichen eine schnelle Anpassung der Produktdaten und können – anders als beim Individualentwickler - von vielen Mitarbeitern bedient werden. Darüber hinaus kann der Konfigurator auch sehr einfach für neue Technologien erweitert werden.
Bedenken Sie, dass ein Konfigurator nicht nur eine einfache Produktvisualisierung, sondern ein mächtiges Werkzeug ist, mit dem der Existenzgrund Ihres Unternehmens abgebildet wird: Ihr Produkt und dessen Intelligenz.
Faktoren: Wartbarkeit & Erweiterbarkeit
Konfiguratoren sollten keine starren Konstrukte sein, die einmal erstellt werden und dann jahrelang unverändert betrieben werden. Stattdessen sind sie ein Kommunikationsinstrument, welches ständig auf die neuen Anforderungen des Marktes, des Unternehmens und des Produktes reagiert. Daher muss es einfach sein, alle Inhalte (Produktdaten, Visualisierungen, Benutzeroberfläche, Schnittstellen, etc.) pflegen und aktuell halten zu können. Seien Sie sich bewusst wie strategisch wichtig es ist mit guten Werkzeugen ausgestattet zu sein. Eine Eigenentwicklung mag zwar eingangs günstiger sein, langfristig ist eine Plattform aber kosten- und zeiteffizienter sowie funktional mächtiger als Eigenentwicklungen. Eigenentwicklungen werden meist von einzelnen Entwickler:innen umgesetzt, was nicht unerhebliche Risiken mit sich bringt. Denn speziell auf längere Sicht setzen Sie damit ihr Unternehmen dem Risiko aus, diese strategische Funktion an einzelne Entwickler zu binden.
Um auch auf längere Sicht am Stand der Technik zu bleiben, müssen bei Eigenentwicklungen alle Neuerungen von den einzelnen Entwicklern grundlegend neu umgesetzt werden. Plattformen übernehmen diese Aufgabe Großteils, weil sie ständig neue und oft sofort einsetzbare Funktionen anbieten, die Sie einfach in Ihren Konfigurator aufnehmen können.
Faktoren: Skalierbarkeit und Stabilität
Konfiguratoren nehmen eine zentrale Rolle im Unternehmen ein. Denn sie bilden das Produkt und damit den Existenzgrund des Unternehmens ab. Sobald der Konfigurator im Betrieb ist, verlassen sich immer mehr Kunden, Mitarbeiter:innen und Führungskräfte auf seinen reibungslosen Dienst. Daher muss sich jeder zu 100% auf den Konfigurator verlassen können. Bereits unscheinbare Programmierfehler, Performanceengpässe oder ungetestete Spezialfälle können den Geschäftsbetrieb empfindlich beeinträchtigen. Das stellt einzelne Entwickler vor große Herausforderungen und bringt sie nicht selten unter Druck. Plattformen haben dafür viele Mannjahre an Entwicklung investiert, was einzelne Entwickler:innen nicht wirtschaftlich sinnvoll leisten können. Plattformen bieten außerdem einfach zu verwendende Plugins für Fremdsysteme an, um eine automatisierte Kommunikation zwischen dem Konfigurator und anderen Systemen zu ermöglichen.
Was sind die Vor- und Nachteile eines Konfigurator Eigenbaus im Vergleich zu einer Plattform?
Konfigurator Eigenbau
Vorteile:
- für sehr einfache Konfiguratoren geeignet
- keine Abo-Gebühren für Plattform
Nachteile:
- Wissenskonzentration bei einzelnen Entwickler:innen
- ohne kostspielige Weiterentwicklung veraltet der Konfigurator langfristig
- kein Hochverfügbarkeitsbetrieb
- langfristig teurer als mit Plattform
- erforderlicher Testaufwand im Konfiguratorbau wird oft nicht gemacht – geringe Stabilität
- Hosting muss selbst bereitgestellt und gepflegt werden
Konfigurator Plattform
Vorteile:
- keine Systementwicklung erforderlich
- schnelles Time-To-Market
- hochverfügbarer Betrieb
- viele sofort einsetzbare Erweiterungen
- fertige Integrationen in Fremdsysteme
- kann von mehreren Mitarbeiter:innen gepflegt werden
- Support und Knowhow vom Plattformbetreiber
Nachteile:
- es fallen Abo-Gebühren an
Fazit
Bei sehr einfachen Konfiguratoren (wenige Parameter, keine Visualisierung, keine Integrationen) sind Eigenentwicklungen durchaus sinnvoll, da sie sehr schnell und ohne laufende Kosten Ergebnisse liefern. Unsere Erfahrungen zeigen jedoch, dass Unternehmen fast immer die Komplexität ihrer eigenen Produkte unterschätzen. Sobald jedoch der Umfang steigt, wird auch der Ruf nach einer professionellen Plattform laut. Diese stellt sicher, dass das konfigurierbare Produkt strukturiert, weiterentwickelt werden kann, auf neue Technologien zugreifen kann, stabil läuft und die ständig wachsenden Anforderungen des Unternehmens abdeckt.
FAQ
Was ist günstiger: Eigenbau oder Plattform?
Eigenbau ist nur bei sehr einfachen Konfiguratoren (zB Checkliste ohne Visualisierung) anfangs günstiger. In allen anderen Fällen ist die Plattform besser geeignet.
Was ist zeitintensiver: Eigenbau oder Plattform?
Die Erfahrung zeigt, dass auch Softwareentwickler:innen häufig den Aufwand für den Konfiguratorbau unterschätzen. Die Plattform ist nicht nur viel schneller, sondern führt auch sicherer zum Ziel.
Welche Funktionen und Möglichkeiten bietet eine Konfigurator-Plattform im Vergleich zu einem Eigenbau?
Eine Plattform wird vom Plattformbetreiber weiterentwickelt. Die Plattformkund:innen profitieren von neuen Funktionen, die sie im Eigenbau selbst nicht wirtschaftlich sinnvoll entwickeln könnte.